Schafft sie nicht ab, macht sie besser!

Folgenden Text habe ich im Piraten Feedback von Bayern (ehemals Liquid Feedback) als Anregung auf die Abstimmung zur Unterstützung des Antrags der Freien Wähler hinterlassen, die die Studiengebühren ganz abschaffen wollen.

Hallo,

ich bin ganz neu hier im Feedback und habe das Thema als erstes entdeckt und möchte gerne meine Einschätzung abgeben. Ich studiere selber, arbeite an der Uni und engagiere mich in einer Hochschulgruppe (nicht politisch).

Ich finde die Abschaffung der Studiengebühren den absolut schlechtesten Weg. Aber ich sage gleich eins vorweg: Sie sind zu hoch und sollten auf das Mindestmaß reduziert werden – so dass keine übermäßigen Gewinne erwirtschaftet werden können – sowie klare, sozialverträgliche Regelungen zur Erhebung gefunden werden, aber ein Abschaffen wäre ein Schuss ins Knie. Warum?

Viele Hilfskräftejobs an der Uni und Serviceeinrichtigungen (Auslandsamt, Studentenbetreuung) werden daraus finanziert, ebenso PC Pools und die Renovierung der Gebäude – ob das im Einzelfall eher schleppend funktioniert oder nicht, das weiß ich nicht. Mit dem Wegfall der Gebühren würden diese Sachen nicht sofort wegfallen, der Steuerzahler müsste sie weiterfinanzieren bis eine Kürzung – nach Arbeitsrecht etc. – möglich ist. D.h. sobald dann z.B. die Arbeitsverträge der zusätzlichen Stellen, die aus Studiengebühren finanziert werden, auslaufen, wird wieder zurückgeschraubt. Oder setzt ihr euer Vertrauen allen Ernstes in den Freistaat Bayern, dass er uns auch brav weiter eine tolles Studium finanziert? Das halte ich für ziemlich naiv.

Nichts kostet nichts und so sollte es auch nirgends sein. Du willst ein gut programmiertes CMS (Content Management System)? Dann musst du auch was dafür geben. Du willst eine gute Ausbildung? Dann musst du auch hierfür etwas geben.

Dass die bisherige Regelung mit den Studiengebühren ein Alptraum ist genauso wie der Bologna-Prozess an sich, das ist mir klar und das sollte geändert werden. Aber eine Abschaffung von dem, was unseren Alltag im Studium besser macht und weiterhin machen könnte, wenn nur endlich mal kluge Leute Reformen durchdrücken könnten / würden, dann sehe ich zwischen Gebühr und freiem Zugang zu Wissen keinen Widerspruch, sondern einen Gewinn für alle – Sozialstaat eben.

Daher meine große Bitte: Überlegt euch wirklich gut, ob dieser Weg sinnvoll ist, denn er ist radikal. Und Entscheidungen auf der Basis Schwarz / Weiß gehen immer in die Hose. Findet einen Kompromiss!

Benjamin Hartwich

Benjamin Hartwich, M.A. Medien- und Kommunikationswissenschaften. Privat betreut er mehrere Webprojekte, bloggt und podcastet. In seiner Freizeit gestaltet er seinen eigenen Webradiosender. Mit 14 Jahren hat er ein Schulradio in Augsburg aufgebaut. Neben dem Studium arbeitete er 6 Jahre beim Campusradio Campus Crew als Moderator, Technikleiter, Musikchef und Programmchef mit.

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