Quote vor öffentlich-rechtlichem Auftrag

Aufgrund der Erhebung…die Zahlen haben gezeigt…Sie sehen an der Umfrage… Ja, was denn eigentlich?

Jede Diskussion von Medienmachern im Radio- und Fernsehbereich fußt auf einer einzigen Annahme: Die ermittelte Quote. Das “totschlag-rundum-allesrechtfertig”-Argument schlechthin.

Kurzer Exkurs: Die in solchen Runden zitierten Zahlen werden empirisch über sogenannte Panelumfragen ermittelt, d.h. man hat fast immer die gleichen Testobjekte, also Menschen, die man in regelmäßigen Abständen befragt. Diese Grundgesamtheit der Umfrage setzt sich aus Menschen aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen oder auch unneutral Schichten genannt, zusammen. Diese Grundgesamtheit beträgt ca. 1000 Personen, wenn nicht sogar weniger. So kommt dann hochgerechnet beim TV die Quote zustande.
Beim Radio ist das anders. Dort wird einfach eine Stichprobe aus einer Grundgesamtheit einer Region erhoben, mit den selben oben genannten Eigenschaften der Befragten. Doch diese Zahlen sind nicht wirklich repräsentativ, da sie ein halbes Jahr alt sind.

Nun schauen wir nach Sachsen. Dort gibt es einen öffentlich-rechtlichen Sender namens MDR Sputnik, die Jugendwelle des Mitteldeutschen Rundfunks. Dieser war bisher eines der Vorzeigeprojekte – z.B. neben FM4, was die Vereinigung von Radio und Jugendkultur anbelangt. “Keine Werbung, Kein Hitmix, Kein Bullshit.” – das war der Slogan des Senders. Radio einerseits etwas abseits des Mainstreams, andererseits mit Experimenten, mit Mut, mit deutlich viel Individualität. Aufgrund der letzten Reichweitenanalyse wurde das Programm allerdings nun an die breite Masse mehr angepasst, da die Zahlen zu schlecht wären. Eine Schwankung von ca. 50.000 Hörern in 2010 war scheinbar das Ausschlaggebende für die Programmreform.

Da liegt der Verdacht nahe, dass einfach ein Grund gesucht wurde, dieses Programm anzupassen, denn seit wann ist denn die Quote in öfftl.-rechtl. Programmen so wichtig? Werbepartner können es nicht sein, Beschwerden aus der Bevölkerung wahrscheinlich auch nicht, aber was genau stört dann?

Die Süddeutsche hat einen interessanten Artikel über dieses Thema veröffentlicht. Die Hörer von Sputnik protestieren weiter gegen die Programmreform.

Facebook-Gruppe gegen die Programmreform.

Benjamin Hartwich

Benjamin Hartwich, M.A. Medien- und Kommunikationswissenschaften. Privat betreut er mehrere Webprojekte, bloggt und podcastet. In seiner Freizeit gestaltet er seinen eigenen Webradiosender. Mit 14 Jahren hat er ein Schulradio in Augsburg aufgebaut. Neben dem Studium arbeitete er 6 Jahre beim Campusradio Campus Crew als Moderator, Technikleiter, Musikchef und Programmchef mit.

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